Dies Ludi 2022

Ein erstes Mal - von David Staege

Vom 25. bis zum 27.03.2022 waren meine Frau Lea und ich zum ersten Mal auf DIES LUDI – Tage der Spiele, organisiert von Karl-Heinz Zapf. Bisher hatten wir zweimal den Con der langen Schatten (kurz CDLS) besucht, ebenfalls von K.-H. Zapf ins Leben gerufen. Wie beim CDLS war der Veranstaltungsort ein Jugend-übernachtungshaus auf dem Lande im Umfeld von Augsburg. Diesmal nicht in Kammeltal, sondern in Reinhartshofen.


Den weiten Weg nahmen wir mit unserem kleinen Autochen auf uns. Den berühmten Käpt‘n mussten wir spontan von Butzbach (lag zum Glück auf dem Weg) abholen, da er von seiner Mitfahrgelegenheit leider versetzt wurde. Die lange Fahrt (ca. 4 Stunden) verbrachten wir mit allerlei Albernheiten. Zwischendurch las ich das putzige, irische Märchen Die Flasche  (in der Übertragung der Brüder Grimm) vor, das gut ankam.


Das Theodor Lembert-Haus ist kleiner als das Thomas Morus-Haus vom CDLS. Mir gefiel es besser. War irgendwie schnuckeliger und fügt sich gut in das gemütliche Tal mit Wald und See ein. Eine Gaststätte war auch gleich nebenan, in der man sich mit regionalen Gerichten gut versorgen konnte. Da kurz vor dem Wochenende einige abgesprungen waren, war die Teilnehmerzahl mit ca. 17 Personen etwas klein. Ein gut durchdachtes Hygienekonzept wurde überall eingehalten. Die Verpflegung (Frühstücksbuffett und Kaffee-, Kakao- und Tee-Flatrate) war gut. Besonders, dass es am Sonntag auch richtigen Tee (also schwarzen) gab, fand meine Frau gut. „Koch“ Benny versorgte an einem Abend die gesamte Mannschaft mit seinem grünen Thai Curry. Hat wie immer super geschmeckt.


Wieder mit im Gepäck hatte ich meine mobile Kunstausstellung mit Bildern von befreundeten Künstlern, die klassische Illustrationen darstellen. Präsentiert wurden Drucke von Aaron Howdle (UK), Johan Tieldow (Dänemark), Gaucelm de Villaret und Uneaskan (beide aus Frankreich), Huargo (Spanien), Daniel Bechthold (Deutschland) und zum ersten Mal auch von mir. Zusätzlich hatte ich einen Karton mit diversen Fantasy-Motiven dabei, die ich aus alten Kalendern ausgeschnitten hatte. Diese verteilte ich im gesamten Haus, um noch etwas die Atmosphäre zu steigern.


Am ersten Tag spielte ich Castle Panic, eine Umsetzung des Computerspiel-Genres Tower Defense als Brettspiel. Die Grafiken und Aufmachung waren für meinen Geschmack zu cartoonig. Aber das einfache, flotte und kooperative Spielprinzip hat Spaß gemacht und war ein guter Auftakt für die Con. Weiter ging es mit einem Vortrag von Karl-Heinz über die Anfänge von DSA. Er präsentierte die erste Edition sowie die ersten vier Abenteuer und enthüllte skurrile Details dieser altmodischen Abenteuer. Vieles war mir schon bekannt, trotzdem war es eine unterhaltsame „Talkshow“.
Während Lea an einer Rollenspielrunde teilnahm, duellierte ich mich als Troll mit Knüppel mit Karl-Heinz in der Rolle eines Barbars in den Duell-Heftchen von Lost Worlds. Diese DIN A5-großen Hefte aus den 80ern funktionieren grob nach dem Spielbuchprinzip mit vielen Tabellen, an denen man vergleicht, welche Auswirkungen die gewählten Manöver haben. Jedes Heft enthält eine andere Fantasy-Kreatur. Das Duell hat Laune auf mehr gemacht. Karl-Heinz hatte schon lange den Wunsch, etwas ähnliches zu erfinden, aber für ihn ist die Entschlüsselung des Spielprinzips zu aufwändig. An alle Hobby- und beruflichen Programmierer: Setzt euch mit Karl-Heinz in Verbindung, wenn euch das Thema reizen sollte und ihr keinen Aufwand scheut.


Der nächste Tag begann mit einer Rollenspielrunde geleitet von Joe, unter Verwendung des Savage Worlds-Regelsystems. Das Setting von 50 Fathoms ist eine karibische Fantasy-Parallelwelt: Ohne Piraten, um Joe noch mal zu zitieren. Da er die Handlung rein improvisierte, war leider kein Raum für ein episches Abenteuer. Trotzdem fand ich Gefallen an meiner Rolle als blauhäutiger Apnoetaucher und konnte das Regelsystem mit den gewöhnungsbedürftigen Würfeln etwas kennenlernen.


Während Lea in den wilden Fantasy Gothic-Westen von Dead Lands reiste (nach Verwendung der Savage Worlds-Regeln) nahm ich mir The Clash of Princess vor: Dieses zwei Spieler-Spielbuch von Fighting Fantasy ist schon lange in meinem Besitz, nur hatte ich bisher keine Gelegenheit es zu spielen. Endlich hatte ich Muße und einen Mitstreiter gefunden. Ich als Zaubererprinz Lothar und Joe in der Rolle meines Zwillingsbruders Clovis gingen auf eine gemeinsame Queste, deren Sieger die Königskrone zufallen sollte. Jeder Spieler bekam ein Spielbuch und das Regelsystem war so ausgelegt, dass wir gemeinsam wie auch getrennt reisen und Abenteuer erleben konnten. Am Ende hieß es aber: Es kann nur einen geben. Das Spielprinzip funktionierte gut und wirkte durchdacht, die Geschichte liebevoll mit Humor gewürzt. Es hat Spaß gemacht und ich war froh, endlich dieses experimentelle Spielbuchprinzip ausprobieren zu können. Trotzdem: Wenn man schon die Möglichkeit hat gemeinsam zu spielen, gibt es bessere Möglichkeiten als meist schweigend voreinander zu sitzen, ein Buch zu lesen und die Aktionen zu vergleichen. Richtiges Rollenspiel zum Beispiel. Oder Brett- und Kartenspiele usw.


Nach dem Spiel schlich ich noch etwas im Haus herum. Karl-Heinz war in eine Call of Cthulhu-Runde verwickelt (er trug einen seltsamen Lorbeerkranz). Ich lauschte etwas mit, aber ich kam nicht richtig dahinter, um was sich die Handlung drehte*. Stattdessen kramte ich vorsichtig in seinem Spielstapel rum. Eine Art Karten-Spielbuch-Hybrid namens Castle erregte meine Aufmerksamkeit. Die Regeln wirkten sehr einfach, der Fokus lag auf der Handlung. Wink mit dem Zaunpfahl: Vielleicht können wir es das nächste Mal spielen?


Am Sonntag ging unsere Savage Worlds-Runde in der Karibik-Welt zu Ende. Es war nach dem Packen noch Zeit etwas Kurzes zu spielen. Günther hatte ein kleines Tabletop-Spiel dabei: Shooter (Splatter). Dort steuert jeder Spieler eine Figur, die in bester Ego-Shooter-Manier versucht die Mitspieler mit allerlei Knarren und Nahkampfwaffen abzumurksen. Das Besondere dabei: Es soll ausdrücklich überall gespielt werden, die alltägliche Welt und ihre Gegenstände sind die Kulisse. Und so kämpften wir um die Eroberung der Flagge zwischen Müslischüsseln, Gläsern, Joghurtbechern und Brotkrümeln und was sonst noch so auf dem Tisch lag. Es war sehr lustig und das Spiel ging flott. Eine weitere Besonderheit: Es gibt einen Kartentyp, der multifunktional verwendet wird. Als Zufallsgenerator, Richtungsanzeiger, Ereigniskarte, Maßstab (zum Versetzen der Spielfigur und Entfernung messen) und und und … Das fand ich sehr clever.


Wir mussten danach die Heimreise antreten. Das sonnige, warme Wetter hatte auf mein Gemüt gedrückt. Glücklicherweise konnte mich der Käpt‘n auf der Fahrt gut ablenken und aufheitern. Für mich waren drei Tage etwas zu kurz, um richtig abzuschalten. Von daher befürworte ich Karl-Heinz Vorschlag, den Con um einen Tag zu verlängern.
Wir kommen auf alle Fälle gerne wieder!
David und Lea

*Wie Karl-Heinz mich nachträglich aufgeklärt hat: Die Runde spielte tatsächlich in der Gegenwart und begann in einem Sanatorium. Karl-Heinz dachte, er wäre Julius Cäsar. Oder war er es tatsächlich? Mehr kann ich nicht verraten. Daher auch die Illustration mit einem bekloppten Karlius Hulzius Zäsar.